Heute möchte ich über ein spezielles Thema sprechen: Tattoos und Neurodermitis. Passen diese beiden Begriffe überhaupt zusammen? Und wenn ja, was gibt es da zu beachten?

Was ist Neurodermitis?

Der aus dem Griechischen stammende Begriff „Neurodermitis“ lässt vermuten, dass die Hauterkrankung durch eine Entzündung (Endung „-itis“) der Nerven (Neuron = Nerv, Derma = Haut) entsteht.

Diese These ist mittlerweile zwar widerlegt, dennoch hält sich der Begriff Neurodermitis hartnäckig:

Er wird nach wie vor häufiger genutzt, als die in Fachkreisen üblichen Bezeichnungen „atopische Dermatitis“ oder „atopisches Ekzem“. Diese deuten darauf hin, dass eine Neigung der Haut zu Überempfindlichkeit und allergischen Reaktionen gegenüber bestimmten Auslösern besteht.

Neurodermitis ist also eine Erkrankung der Haut, die zu überempfindlichkeit und allergischen Reaktionen führt. Die Körperstellen, die häufig von Neurodermitis betroffen werden, sind Armbeugen, sowie Kniekehlen, Hände und Gesicht. Generell kann Neurodermitis aber am ganzen Körper auftreten. Zu den bekanntesten Symptomen gehören:

  • Hautrötungen (Erytheme)
  • Entzündete, nässende und teilweise sogar blutende Hautstellen (Ekzeme)
  • Hautverdickungen (Lichenifikationen)
  • Feine Hauteinrisse z.B. an Ohrläppchen, Finger, Mundwinkel (Rhagaden)
  • Trockene Haut (Xerose)
  • Schmerzende Haut

Nicht immer ist Neurodermitis klar zu identifizieren. So kann sie beispielsweise mit trockener Haut, oder Schuppenflechte ( Psoriasis ) verwechselt werden. Umso wichtiger ist deshalb die Diagnose von einem Facharzt.

Bild 1 zeigt Neurodermitis Ekzeme  an der Hand

Bild 2 zeigt Schuppenflechte am Ellenbogen

Neurodermitis
Schuppenflechte

Neurodermitis ist nicht heilbar

Neurodermitis tritt – ähnlich wie rheumatische Erkrankungen -in der Regel schubweise auf. Manchmal kommt es jedoch auch zu lang andauernden Entzündungen, die über Jahre oder sogar Jahrzehnte verlaufen können. Die Lebensqualität der Betroffenen wird oftmals drastisch reduziert, da nicht nur die Haut, sondern auch die Psyche darunter leidet.
Diese Erkrankung ist zwar nicht ansteckend, aber bislang leider auch nicht heilbar. Dank moderner Behandlungsoptionen haben Menschen mit Neurodermitis heute jedoch gute Chancen, ihre Symptome weitgehend in den Griff zu bekommen.

Ursachen und Auslöser

Zwar ist die genaue Entstehung von Neurodermitis nach wie vor nicht bis ins letzte Detail erforscht, fest steht allerdings: Die eine Ursache gibt es nicht. Vielmehr handelt es sich um ein komplexes Wechselspiel unterschiedlicher Faktoren. Die Genetisch bedingte Störung der natürlichen Schutzbarriere der Haut spielt hierbei eine zentrale Rolle. Besonders in Kombination mit einem überaktiven Immunsystem. Menschen mit Neurodermitis haben eine viel trockenere , oftmals auch feuchtigkeitsarme Haut , als sogenannte „hautgesunde“ Menschen.

Und wie sieht’s mit Tattoos aus?

Wahrscheinlich müssen sich Menschen mit Neurodermitis genauso oft anhören, dass sie keine Tattoos tragen sollen, wie ich mit einem niedrigen Immunsystem. Mein Arzt schüttelt jedes Mal den Kopf , wenn ich mit einem neuen Tattoo, oder Piercing auftauche – Aber es geht. Man muss nur wissen wie! Naja, und vielleicht auch etwas vorsichtiger sein als gesunde Menschen.

Bei Neurodermitis Patienten sieht das Ganze folgendermaßen aus:

Im Grunde genommen sind Tattoos nicht unmöglich. Das schon mal vorab. Wichtig ist nur, dass kein akuter Schub vorhanden ist und die zu tätowierende Körperstelle nicht von Ekzemen bedeckt ist. Rücksprache mit dem begleitenden Hautarzt macht alle mal Sinn. Die finale Entscheidung muss aber jede:r Patient:in selbst treffen.

I 💗 Tattoos

Heute erzähle ich euch von meiner Kundin Lisa

Die gute Lisa kommt schon ziemlich lang zu mir und ist eine meiner treuesten Kundinnen. Die Tattoos, die ich hier in den Beitrag reinpacke, sind ihre. Sie hat mir die Erlaubnis dazu gegeben, damit wir gemeinsam ein Zeichen setzen können!

Zurück zu Ihr: jede Sitzung Ist wie mit jedem anderen Menschen auch, oben drauf macht sie unheimlich viel Spaß. Verstehen uns gut und am Ende bin ich zufrieden mit meinen Werken und sie ist es auch. Das ist alles was zählt.

Trotzdem muss sich die Liebe oftmals doofe Kommentare anhören, so nach dem Motto: “ Deine Tattoos sind nicht richtig gestochen “ oder “ Das ist nicht sauber…bei richtigen Tätowierern muss man nicht nach stechen gehen.“

Ah, und du bist Tattoo-o-loge mit einem Doktor in Dermatologie, oder was? Klar, dann bin ich Gandalf.

Mal im Ernst, was soll sowas? Solche Aussagen sind für alle Beteiligten echt unfair. Zudem spielen beim Tätowieren auch mehrere Faktoren mit ein. Selbstverständlich muss ich in erster Linie meine Arbeit sorgfältig und professionell erledigen. Dabei wäre es von Vorteil eine gute Hautbeschaffenheit vorzufinden. Anschließend liegt das Ganze nun gar nicht mehr in meiner Hand, denn die Nach-Pflege ist genauso wichtig.

Nun ist aber die Haut kein Stück Papier und wir sind alle einzigartig.  Wir haben verschiedene Altersklassen, Hauttypen, Hautzustände und eventuell auch Hauterkrankungen. Ja, und selbst diese können sich  bei jeder Haut anders auswirken.

Wer wie die meisten Menschen im Winter an trockener Haut leidet, weiß aus eigener Erfahrung: Trockene Haut juckt und reagiert empfindlich auf äußere Einflüsse – besonders dann, wenn sie aufgekratzt wurde. Denn dann haben Bakterien, Viren und Pilze ein leichtes Spiel und können ungehindert eindringen.

Genau das passiert zwangsläufig beim Tätowieren. Durch die Nadeln werden 1000 kleine Wunden in die Haut gestochen. Während des Regenerationsprozesses haben Keime die Chance in die Haut einzudringen.

Nun kann es zu einer Sensibilisierung kommen: Das Immunsystemmacht sich bereit zum Angriff und produziert verstärkt Abwehrstoffe (Immunglobulin E, IgE) – auch gegen eigentlich harmlose Allergene wie Blütenpollen, Tierhaare oder Haushalts- oder Kosmetikprodukte. Diese Abwehrstoffe  fördern allerdings den Entzündungsprozess, indem sie wiederum andere Immunzellen (Mastzellen) dazu anregen, entzündungsfördernde Stoffe auszuschütten. Was folgt ist ein Teufelskreis aus Jucken und Kratzen.

  • Die Haut ist anhaltend entzündet und ihre natürliche Barrierefunktion zunehmend geschwächt.
  • Tätowierte Haut ist vor allem am Anfang noch anfälliger gegen UV Strahlung.
  • Tattoos können das Brennen und Jucken noch verstärken.
  • Ist eine tätowierte Hautpartie von einer Entzündung betroffen, verändern sich die Zellen. Das Ergebnis: das Tattoo verliert an Farbe oder bekommt unscharfe Konturen.

Wie ihr hier auf den Bildern erkennen könnt, sind die Motive direkt nach dem Stechen genauso wie sie sein sollten: Schwarz und Clean. Klare Linien. Alles top. Auch eine leichte Rötung gilt als absolut normal. Nach dem ab heilen kann es stellenweise sein, dass Pigment fehlt oder die Linie etwas unscharf oder uneben geworden ist. Darauf haben wir beide aber keinen großen Einfluss.

💡 Ich arbeite daher bei Neurodermitis- Kunden vorzugsweise mit kleinen Nadeln, um die Linie filigran zu halten, selbst wenn diese etwas verläuft. Vorteilhaft sind auch große Motive, flächig schattiert, oder farbig. Denn je kleiner und enger, desto eher besteht die Gefahr, dass die Details in einander verlaufen und unschön aussehen. Je größer, je mehr Abstand und Haut dazwischen ist, desto schöner lässt sich ein Tattoo trotz Neurodermitis gestalten. 💡

Was bei Lisa schon mal auffällt: ihre Haut braucht extreeeeem viel Feuchtigkeit, der Abzug hält manchmal nicht allzu lange, oder ich muss extra vor-pflegen. Auch rötet ihre Haut schneller, schattieren mag sie gar nicht und ihre Haut zieht es gern mal vor, während des Stechens dreidimensional zu werden. Das kann aber auch bei Haut gesunden Menschen passieren. Wir nehmen es mit Humor & lachen inzwischen darüber.

Ja, und nun? All das hat meine liebe Lisa jedenfalls nicht davon abgehalten weitere Tattoos zu bekommen.  Sie hat sich auch noch nie beklagt, dass dadurch ihre Neurodermitis schlimmer geworden wäre. Im Gegenteil!

Sie hat herausgefunden welche Nach-Pflege für Ihre Haut am besten hilft und hält sich auch konsequent daran. Hier und da kann es mal sein, dass wir nochmal nachstechen müssen, aber auch darüber weiß sie Bescheid und hat absolut kein Problem damit. Inzwischen kenne auch ich ihre Haut und deren Macken und kann mich besser darauf einstellen. Es kann auch mal vorkommen – vor allem jetzt im Winter, wenn die Haut zusätzlich trocken und gereizt ist – dass wir eine Sitzung abbrechen, oder verschieben müssen, um die Haut nicht noch zusätzlich zu belasten. Das ist alles eine Frage der Kommunikation. Absprache, Teamwork und vor allem Vertrauen. ♥️

An dieser  Stelle noch mal dickes Dankeschön an dich, Lisa, für deine Zeit, deine Geduld und dein endloses Vertrauen in mich und meine Arbeit. Wir sind ein unschlagbares Team! Ich hoffe wir können mit diesem Beitrag einigen Menschen mit Neurodermitis die Angst nehmen, Hoffnung auf ein Tattoo machen und auch ein Zeichen setzen. Manchmal muss man Kompromisse eingehen, noch vorsichtiger sein , vielleicht auch ein kleines Risiko Inkaufnehmen, aber nichts ist unmöglich!

Tattoo trotz Hautentzündung
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Triggerfaktoren sind individuell. Je besser man seine persönlichen Triggerfaktoren kennt, umso eher kann man sie meiden und die Erkrankung besser kontrollieren.

Sprecht auch mit eurem Arzt darüber.

Wie geht ihr mit Neurodermitis um? Was sind eure Erfahrungen und eure Tipps? Und welches Thema würde euch als Nächstes interessieren? Schreibt mir gerne eine E-Mail an:

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